Wertstoffkreislauf Papier: systematische Optimierung durch Digitalisierung

VEOLUTIONS Hero Banner KIBAPap

←  zurück zur VEOLUTIONS Startseite

 📅  Veröffentlicht: 23. Mai 2025

Digitaler Durchblick

Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft treibt Veolia im Verbundprojekt KIBAPap (KI-basiertes Bedienerassistenzsystem im Wertstoffkreislauf Papier) die Digitalisierung der Altpapiersortierung voran. Damit steigert das Unternehmen die Ressourceneffizienz im Papierrecycling und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Papierhersteller. 

Ob Versandkarton, Drucker- oder Zeitungspapier: Die Produktion von Recyclingpapier spart laut Angaben des Umweltbundesamtes rund 50 Prozent Energie, 70 Prozent Wasser und 15 Prozent Treibhausgasemissionen gegenüber der Produktion von Frisch- bzw. Primärfaserpapier ein. Doch trotz dieser positiven Bilanz ist auch die Herstellung von Papier, in dem überwiegend Altpapiere als Rohstoff eingesetzt werden, ein sehr ressourcenintensiver Prozess. Wie viel Energie, Wasser und Chemikalien jeweils benötigt werden – darauf hat vor allem auch die Qualität des Inputs, also des angelieferten Altpapiers, erheblichen Einfluss. Als einer der führenden Rohstoffversorger und Altpapierhändler in Deutschland setzt Veolia deshalb schon in der Sortierung an, um den Ressourcenverbrauch im Recycling zu verringern und den Papierkreislauf nachhaltig zu stärken. Der Schlüssel dafür sind Daten in Echtzeit – und langfristig die komplette Digitalisierung des Sortierprozesses.

Smart in die Zukunft

Wie die Prozesse digitalisiert und die dabei anfallenden Datenmengen zur Optimierung genutzt werden können, daran arbeitet Veolia gemeinsam mit anderen Unternehmen und wissenschaftlichen Einrichtungen im Verbundprojekt KIBAPap. KIBAPap steht für „KI-basiertes Bedienerassistenzsystem im Wertstoffkreislauf Papier“. Das gemeinsame Ziel der Projektpartner: durch Digitalisierung und Ressourceneffizienz die Nachhaltigkeit in der gesamten Wertschöpfungskette Papier verbessern. Der Weg dorthin: Kausalketten im Wertschöpfungskreislauf der Papierherstellung ganzheitlich erfassen, prozessübergreifend beschreiben und daraus gezielte Optimierungsansätze ableiten. An dem dreijährigen Projekt sind neben Veolia der Papierhersteller LEIPA Group GmbH, die Universitäten Siegen und RWTH Aachen, die Hochschule München, das Fraunhofer IVV sowie die PROPAKMA GmbH und die Consultingtalents AG beteiligt. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

Sortieranlagen lernen sehen

Das Teilprojekt zielt seitens Veolia perspektivisch darauf ab, den gesamten Betriebsablauf in der Altpapiersortieranlage in Hamburg zu digitalisieren und mittels Sensorik sowohl die Papierqualitäten als auch die Papierzusammensetzung genauer zu ermitteln, auf diese Weise die Outputqualität zu erhöhen und so Ressourcen zu schützen. 

Das Prinzip ist „Realtime-Kontrolle“ und bedeutet nichts anderes als Reaktion nahezu in Echtzeit. Im Rahmen des Forschungsprojektes KIBAPap wird aktuell an der Optimierung dieser Technologie gearbeitet. Im ersten Schritt hat das Unternehmen in der Papiersortieranlage in Hamburg eine Kamera zur Qualitätskontrolle installiert. Sie ist auf den Deinking-Strom ausgerichtet, also den Sortierstrom, der aus Zeitungen und Magazinen besteht. Sämtliche relevanten Daten zur Materialqualität werden hier in Echtzeit erfasst. Gleichzeitig dient die Kamera der kontinuierlichen Überwachung des Sortierprozesses und der Möglichkeit, steuernd und optimierend einzugreifen. Das zeigt aber eben auch: Trotz fortschrittlicher Technologie bleibt die menschliche Expertise weiterhin unverzichtbar, insbesondere bei der Feinabstimmung des Systems. Im Zusammenspiel mit der Anlagentechnik lässt sich die Durchsatzmenge einer solchen Anlage optimieren und selbst bei schwankendem Input eine gleichbleibend hohe Outputqualität erreichen.

VEOLUTIONS KIBAPap Maxpos-Kamera und Altpapier

Kamerabasierte Qualitätssicherung: Für einen höchstmöglichen Automatisierungsgrad und eine optimale Anlageneffizienz wurde die Sortieranlage mit einer Kamera nachgerüstet, die Papierfraktionen erkennen kann. Auf Schwankungen und Abweichungen im Materialstrom kann nun sekundenschnell direkt im laufenden Sortierprozess reagiert werden.


Aus Daten wird ein Wettbewerbsvorteil

Papierfabriken verfolgen das Ziel, Qualitätsverluste von Rohstoffen durch Wiederverwertungsprozesse – das sogenannte Downcycling – möglichst zu vermeiden. Ein Beispiel dafür ist die Reduzierung des Einsatzes von grafischen Papieren zur Herstellung von Verpackungsmaterialien. Deshalb spielt die Qualität des Altpapiers eine große Rolle für das Recycling. Wichtige Eigenschaften sind etwa Faserlänge, Weißgrad, Optik und Oberflächenbeschaffenheit. Weil aber die Qualität des gesammelten Altpapiers stark schwankt, können die von Veolia mit der Kamera erhobenen Daten einen echten Mehrwert schaffen. „Bisher gab es keinerlei Daten zum Output der Sortieranlagen, sondern lediglich manuelle Stichprobenkontrollen der Papierlieferungen. Die Kamera ermöglicht es zukünftig, die genaue Zusammensetzung des Altpapiers zu erfassen, also wie viel Prozent Zeitungen und wie viel Prozent Magazine enthalten sind. Anhand dieser Daten kann die Papierfabrik perspektivisch den Recyclingprozess und die Menge an Wasser, Chemie und Energie genau auf diese Zusammensetzung abstimmen“, erläutert Anthony-Arvind Kishore-Chand, Projektleiter im Bereich Anlagentechnik von Veolia. So können die Vernetzung und die genaue Kenntnis über die Materialqualität zu Ressourceneffizienz und zu erheblichen Kosteneinsparungen bei den Papierherstellern führen.

Besonders relevant ist das im Deinking-Prozess, bei dem dem Papier die Farbe entzogen wird. Denn jedes bedruckte Papier hat andere Anforderungen an die Chemikalien, die eingesetzt werden, um die Druckfarben von der Faser abzulösen. Und auch der Energieverbrauch in diesem aufwendigen Abtrennungsprozess hängt vom Inputmaterial ab. Für den Projektpartner Leipa gehen die Prozessexperten zum Beispiel davon aus, dass durch die Datenerfassung und -analyse und die daran gekoppelte Prozessanpassung eine Reduzierung des Energiebedarfs um bis zu 5 Prozent1 möglich ist. Bei einer jährlichen Produktionsmenge von etwa 1 Million Tonnen würde das etwa 108.000 MWh Energie entsprechen. Noch sind diese Zahlen Prognosen aus der Testphase. Doch schon bald könnte daraus ein veritabler Wettbewerbsvorteil für die ressourcenintensive Papierindustrie entstehen.

1 Quelle: Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV.


„Wir erwarten erhebliche Verbesserungen in der Sortierqualität und Ressourceneffizienz, was die Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit der gesamten Wertschöpfungskette stärken wird.“

Anthony-Arvind Kishore-Chand, Projektingenieur Zentralbereich Anlagentechnik im Geschäftsbereich Entsorgung


Papier ist nicht gleich Papier

Mit der geplanten Digitalisierung der Sortierprozesse begegnet Veolia auch der Herausforderung, dass die Inputqualität des Altpapiers in den letzten Jahren gesunken ist. Einer der Gründe dafür sind Papierverbunde, von denen laut Untersuchungen ca. 50 Prozent in der blauen Tonne landen – also jene Verpackungen, die aus einem Mix aus Papier und Kunststoff bestehen. Im Recyclingprozess tauchen damit neue Störstoffe auf, die abgetrennt werden müssen. Das bedeutet nicht nur erheblichen Mehraufwand, sondern auch mehr Energie-, Wasser- und Chemikalienbedarf für die Zerfaserung. Dasselbe gilt für Verpackungen mit Beklebungen oder Kaschierungen. Vernetzende Druckfarben beispielsweise lassen sich kaum von Papierfasern entfernen. Und wird eine kritische Menge an Barriereverpackungen überschritten, kann es zu klebrigen Verunreinigungen in der Trockenpartie der Papiermaschine und damit zu Löchern und Bahnabrissen kommen – diese Erfahrung haben Papierhersteller bereits gemacht. Aber auch die Verlagerung von Printzeitungen hin zu Onlinemedien hat Einfluss auf den Deinking-Papierstrom, denn dieser enthält damit deutlich weniger klassisches Zeitungspapier.

Die Erfassung und Analyse der Zusammensetzung des Wertstoffs Papier ist die Basis nicht nur bei dessen Rückgewinnung, sondern auch für alle, die an optimierten Lösungen und den dazu erforderlichen Verbesserungen der Papierqualität im gesammelten Altpapier arbeiten. Die dabei gewonnenen Informationen dienen als Basis für künftige Entwicklungen im Bereich der automatisierten Anlagensteuerung. Die Vernetzung von Sortierern und Produzenten, maximale Transparenz und intensive Zusammenarbeit steigern die Wettbewerbsfähigkeit und dienen der Nachhaltigkeit der gesamten Wertschöpfungskette.


VEOLUTIONS Preisverleihung European Paper Recycling Council-Award Gruppenbild

KIBAPap gewinnt EPRC-Award

Im Februar 2024 hat Veolia mit dem Projekt KIBAPap als Teil des Projektkonsortiums den European Paper Recycling Council Award (EPRC-Award) in der Kategorie „Innovative Technologies and R&D“ gewonnen. Bei der feierlichen Preisverleihung im Europäischen Parlament in Brüssel nahm Anthony-Arvind Kishore-Chand (ganz links im Bild) stellvertretend für das gesamte Projektteam von Veolia den Preis entgegen.
 

Das Forschungsprojekt KIBAPap wurde gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages.


 

Dekarbonisierung in Zahlen

5 %

Energieeinsparung

durch die Datenübermittlung und die daran gekoppelte Prozessanpassung. 
Das entspricht einer Ersparnis von 108.000 MWh pro 1 Million Tonnen Produktionsmenge.

Auf einen Blick

Vorteile für Papierhersteller

Durch optimierte Sortierqualität, höhere Prozesssicherheit und Ressourceneffizienz können Kunden nicht nur strengere Qualitätsvorgaben der Industrie erfüllen, sondern auch ihre Betriebskosten senken und sich klarer im Markt positionieren.

  • Verbesserte Umweltbilanz: Die digitalisierte Sortierung ermöglicht eine präzisere Wiederverwertung von Altpapier und senkt den Bedarf an Frischfasern – ein Plus für Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung.
  • Höhere Sortierqualität: Der Einsatz von KI und Sensortechnik führt zu einer verbesserten Materialanalyse und Trennung, was die Qualität der Recyclingprodukte erhöht.
  • Mehr Planungssicherheit: Die frühzeitige Fehlererkennung reduziert Prozessstörungen und steigert die Verlässlichkeit in der Rohstoffversorgung.
  • Weniger Stillstände: Die vorausschauende Wartung durch Zustandsüberwachung der Anlagen erhöht die Betriebszeit und minimiert ungeplante Ausfälle.
  • Höhere Flexibilität: Realtime-Daten ermöglichen eine schnelle Anpassung an veränderte Marktbedingungen oder Produktionsanforderungen.
  • Attraktivere Arbeitsplätze: KI-basierte Assistenzsysteme entlasten von monotonen Aufgaben und fördern anspruchsvollere Tätigkeiten.
  • Dekarbonisierung: Effizientere Sortierprozesse tragen zur Reduktion von Emissionen entlang der Wertschöpfungskette bei.
Kontakt

Ihr Ansprechpartner:

Anthony-Arvind Kishore-Chand
Projektingenieur Zentralbereich Anlagentechnik Entsorgung

VEOLUTIONS Newsletter

Erhalten Sie regelmäßig Informationen rund um nachhaltiges Ressourcenmanagement der Veolia Gruppe – direkt in Ihr Postfach.

↑    nach oben       ←  zurück